Politiker aus mehreren Parteien fordern, die Produktion von ärztlichem Gerät und medizinischer Ausrüstung in Deutschland unter staatlicher Regie hochzufahren.
Die Ko-Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, schrieb der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (F.A.S.), entsprechende Anstrengungen müssten „im Sinne einer Pandemiewirtschaft“ gebündelt werden. Die Hersteller von Beatmungsgeräten zum Beispiel seien „bereit, die Produktion bis ans Maximum hochzufahren.“ Die Bundesregierung müsse ihnen nun aber auch für eine bestimmte Menge „die Abnahme garantieren“. Außerdem müssten die Geräte sinnvoll verteilt werden, da nicht alle Krankenhäuser genügend geschultes Personal hätten. Das Bundesgesundheitsministerium müsse hier „eine koordinierende Rolle übernehmen“.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Bundestag Bärbel Bas schloss sich der Forderung nach mehr staatlichen Produktionsanreizen an und forderte eine zentrale Steuerung. Der F.A.S. sagte sie, in Deutschland gebe es zu wenig Schutzmaterial, zu wenig Testkapazität und zu wenig Beatmungsgeräte. „Ich verlange deshalb von Bund und Ländern Strategien, wie man diese Kapazitäten in Deutschland hochfahren kann.“ Aus den Wahlkreisen bekomme sie ebenso wie ihre Kollegen Anrufe von Unternehmen, die helfen wollten. „Das sind Unternehmen, die sagen, wir haben noch 200.000 Masken und fragen: wohin damit?“ dann aber erführen sie, dass es für ihre Angebote keine Adresse gebe. „Das geht so nicht weiter,“ sagte Bas. „Es muss eine zentrale Anlaufstelle im Gesundheits- oder im Wirtschaftsministerium geben“.
Sowohl Baerbock als auch Bas machen Lockerungen der gegenwärtigen Ausgangsbeschränkungen unter anderem davon abhängig, das bis dahin genügend Schutzausrüstung zur Verfügung steht. Baerbock schrieb, um entscheiden zu können, wann Maßnahmen gelockert werden könnten, müsse Deutschland die nächsten Wochen nutzen, um das Gesundheitssystem zu stärken. „Das gilt vor allem auch für die Ausstattung mit Schutzkleidung. Wenn andere Länder in kürzester Zeit Millionen von Atemschutzmasken produzieren können, dann sollte auch unser Industrieland dazu in der Lage sein.“ Es gelte, „exponierte Gruppen wie Ärzte, Pfleger oder Kassierer“, aber auch „gesundheitlich gefährdete Personen“ gezielter und besser zu schützen. „Das ist Voraussetzung, um die nächsten Schritte raus aus dem Lockdown sinnvoll gehen zu können.“
Bas merkte an, erst wenn die „die Produktion von Material und Gerät zur Bekämpfung von Corona“ dauerhaft steige, könne man „darüber reden, die jetzigen Beschränkungen zu lockern“. Wenn man das Kontaktverbot aufheben wolle, müsse man den Menschen Masken und zuverlässige Test-Kits geben. Das gelte vor allem für Berufe mit besonderer Verantwortung, zum Beispiel für Pfleger oder Physiotherapeuten. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte, es wäre „sicherlich hilfreich“, wenn man „für die breite Bevölkerung“ Schutzmasken hätte.
In der CDU stellten führende Gesundheitspolitiker ebenfalls einen Zusammenhang zwischen künftigen Lockerungen und einer hinreichenden Versorgung mit Schutzmasken her. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, schrieb der F.A.S., Ostern sei „ein guter Zeitpunkt, um über mögliche Lockerungen nachzudenken“. Das Tragen von Schutzmasken könne er sich dabei „als guten Kompromiss vorstellen, damit zumindest die Teile der Bevölkerung, die nicht akut gefährdet sind, die Häuslichkeit wieder verlassen können“. Die Bundesregierung kaufe gerade „im großen Maßstab Schutzmasken auf“, und viele Kleidungshersteller hätten ihre Produktion teilweise auf Schutzmasken und -Kleidung umgestellt. Deshalb erwarte er, „dass sich der aktuelle Engpass bis Ostern entspannen wird“.
Pandemiewirtschaft? Das ist Kriegswirtschaft ohne Krieg. Genauso wie dutzende Freiheiten beschnitten und Rechte außer Kraft gesetzt, suspendiert werden, ohne dass es hierfür eine förmlich-gestezliche Grundlage gibt. Pervers ist das. Politiker fordern. Die hätten doch einfach mal früher, mit den Maßnahmen die damals auch zulässig undmöglich waren, agieren können statt jetzt panisch (pandemisch?) zu REagieren und den Pandemiefaschismus einzuführen.
@SchussNichtGehört
„Pandemisch!“ Find ich gut. Sie haben aber tatsächlich das eigentlich Problem erkannt: Wesentlichkeit. Nach der Wesentlichkeitstheorie (Art. 80 I GG), bedürfen die meisten der aktuellen Maßnahmen tatsächlich eines förmlichen, d.h. vom Parlament beschlossenen, Gesetzes. Ein solches gibt es aber nicht. Stattdessen wird alles auf das Infektionsschutzgesetz gestützt und läuft so Gefahr hinterher für rechtswidrig befunden zu werden. Zusätzlich zu den Soforthilfen und der Antragsflut in der Sozialhilfe drohen dann noch Entschädigungsansprüche aus dem Infektionsschutzgesetz selbst (§ 56 analog) oder eben aus der Staatshaftung. Die Justiz wird nach Corona überflutet werden mit solchen Verfahren – und warum? Weil die Parlamente sich in die Büsche gemacht haben und niemand merkt, dass der Schrei nach dem starken Mann oder der starken Frau an der Spitze uns schon einmal schlimmste Probleme bereitet hat.