Im Konflikt um das weitere Vorgehen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Anleihekäufe der EZB zeichnet sich eine Lösung ab.
„Wir haben einen pragmatischen und vernünftigen Weg gefunden, ohne die Unabhängigkeit der Notenbank infrage zu stellen, die ja auch wesentlicher Bestandteil der deutschen politischen Kultur und der europäischen Rechtsordnung ist“, sagte Olli Rehn, der finnische Notenbankchef, dem Handelsblatt. Er bestätigte damit Informationen der Nachrichtenagentur Reuters, die zuvor unter Berufung auf Insider berichtet hatte, dass die EZB am Mittwoch den Weg für eine Lösung in der Streitfrage freigemacht habe. Die EZB wollte die Informationen über eine Lösung im Konflikt auf Anfrage nicht kommentieren.
Dem Reuters-Bericht zufolge hat die EZB grünes Licht für die Weitergabe von unveröffentlichten Dokumenten an Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gegeben. Die Papiere sollen belegen, dass die EZB bei ihren Käufen auf die Verhältnismäßigkeit geachtet hat. Ein offizieller Beschluss dazu ist nach Aussagen der EZB und der Bundesbank aber noch nicht getroffen worden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil am 5. Mai das billionschwere Programm PSPP zum Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Länder, das die EZB 2015 aufgelegt hatte, als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Die Karlsruher Richter forderten, dass der EZB-Rat zeigen müsse, dass das Kaufprogramm „verhältnismäßig“ sei. Sonst sei es der Bundesbank untersagt, nach einer Übergangsfrist von drei Monaten an den Käufen teilzunehmen. Die Frist läuft am 4. August aus.
EZB-Chefin Christine Lagarde hatte in ihrer Pressekonferenz am 4. Juni sehr stark die Rolle der Sitzungsprotokolle der Notenbank betont. Darin werde es eine ausführliche Analyse über Kosten und Nutzen der Anleihekäufe und über deren Effektivität und Effizienz geben. Diese Protokolle werden am heutigen Donnerstag veröffentlicht. Die Sitzungsprotokolle sind ohnehin öffentlich zugänglich, die EZB könnte aber noch weiteres Hintergrundmaterial zu ihren Entscheidungen bereitstellen.
Wie vertragen sich eigentlich „billionenschwer“ und „verhältnismäßig“? Bin weder Banker noch Jurist, deswegen die Frage. *kopfkratz*