Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) plädiert dafür, dass der deutsche Staat wieder mehr Schulden macht, um damit wichtige Infrastruktur-Investitionen auf den Weg zu bringen. „Deutschland muss mehr investieren, um die Digitalisierung und den Klimawandel zu meistern“, sagte Michael Hüther in einem Interview mit der F.A.Z.: „Jetzt gerade sind die Bedingungen dafür sehr gut, die Zinsen sind niedrig, sogar Bundesanleihen mit langen Laufzeiten weisen negative Renditen auf.“
Konkret schlägt er dafür ein „Bundes-Sondervermögen Infrastruktur“ vor im Volumen von 450 Milliarden Euro auf zehn Jahre, jährlich also 45 Milliarden Euro. Damit solle in die Bereiche Verkehr, Breitband, Dekarbonisierung, Wohnen und Bildung investiert werden. „Ich würde den Bundesverkehrswegeplan zu einem Bundesinfrastrukturplan weiterentwickeln, der die genannten Bereiche berücksichtigt“, erklärte Hüther weiter: „Der Bund ist besonders in der Pflicht, und bei dem sollte das Sondervermögen als „Deutschlandfonds“ angesiedelt sein.“
Hüther geht es dabei um Wachstumspolitik, also die langfristige Wirtschaftsentwicklung Deutschlands. Maßnahmen, um den aktuellen Abschwung einzudämmen, erachtet er hingegen als nicht notwendig. „Es besteht kein konjunkturpolitischer Handlungsbedarf. Die deutsche Wirtschaft, aber auch die europäische entwickeln sich bei aller Abschwächung immer noch robust.“ Doch es fehle an „Vertrauen in künftiges Wachstum“.
Der Ökonom der arbeitgebernahen Denkfabrik schlägt weiterhin vor, dafür die Schuldenbremse anzupassen. „Die Schuldenbremse bliebe im Grundsatz bestehen, sie würde aber für das investive Bundes-Sondervermögen geöffnet“, sagte Hüther: „Das würde der Logik der Schuldenbremse insofern auch entsprechen, als investive, das heißt produktive Ausgaben zu einem Nullzins finanziert und damit künftigen Generationen keine zusätzlichen Lasten aufgebürdet würden. Im Gegenteil: Es werden Schulden anderer Art vermieden, nämlich in Form unterlassener Infrastrukturinvestitionen.“