Kritik an Plänen zur weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Wirtschaft und Insolvenzverwalter haben Zweifel an dem Vorhaben von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD), die Antragspflicht für Firmen-Pleiten bis März 2021 auszusetzen.

„Eine Verlängerung der Frist würde einseitig zu Lasten der Gläubiger gehen und damit weitere Unternehmen gefährden“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem Handelsblatt.

„Wir brauchen stattdessen kurzfristig eine Reform des Insolvenzrechts.“ Ein Teil der insolvenzgefährdeten Unternehmen könne mit rechtzeitigen Sanierungsmaßnahmen gerettet werden. Dafür bedürfe es neuer Verfahren außerhalb der klassischen Insolvenz. Der DIHK-Präsident fordert darum, die EU-Restrukturierungsrichtlinie rasch umzusetzen, die ohnehin in deutsches Recht überführt werden muss – allerdings erst bis Juli 2021. „Ziel muss es sein, dass Unternehmen zum Beispiel mit ihren wichtigsten Gläubigern Sanierungsmaßnahmen vereinbaren können“, bekräftigte Schweitzer.

„Für eine kurze Zeit war die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht als Beruhigungspille für die Wirtschaft vertretbar“, sagte Insolvenzverwalter Lucas Flöther, der auch Sprecher des Gravenbrucher Kreises ist, in dem Deutschlands führende Sanierungsexperten zusammengeschlossen sind, dem Handelsblatt. „Diese Pille darf aber nur vorübergehend verabreicht werden.“ Andernfalls würden „Unternehmens-Zombies“ geschaffen. Arndt Geiwitz, der als Insolvenzverwalter von Schlecker bekannt wurde und zurzeit bei Galeria Karstadt Kaufhof als Generalbevollmächtigter das Schutzschirm-Insolvenzverfahren begleitet kann eine weitere Aussetzung bis März nächsten Jahres noch nachvollziehen.

Viele Unternehmen hätten durch Staatskredite hohe Schulden aufgebaut und bräuchten mehr Zeit, die Schulden durch Verkäufe von nicht betriebsnotwendigem Vermögen abzubauen. „Es muss allerdings dann wieder einen Punkt geben, an dem die Normalität zurückkehrt“, sagte Geiwitz dem Handelsblatt. „Deswegen sollte spätestens im Sommer 2021 Schluss mit Sonderregelungen sein.“

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