Lambrecht zu Folgen der Covid-19-Pandemie

„Die Pandemie Covid-19 stellt uns alle als Bürgerinnen und Bürger, als Abgeordnete, aber auch uns als Regierungsmitglieder vor große, vor sehr große Herausforderungen.“

 

Rede der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, Christine Lambrecht, zur Änderung des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-, und Strafverfahrensrecht vor dem Deutschen Bundestag am 25. März 2020 in Berlin:

Vizekanzler Scholz hat heute Morgen zu Recht gesagt, für den Umgang mit einer solchen Krise, mit einer solchen Herausforderung gibt es keine Blaupause.

Wir alle haben uns daher unter Hochdruck darangemacht, die Herausforderung anzunehmen, und in der Bundesregierung, in den Ministerien Gesetze erarbeitet, die die notwendigen Hilfen und die notwendigen Entscheidungen auch enthalten. Das gilt für das Gesundheitswesen, damit diejenigen, die dafür sorgen, dass Menschen gesund bleiben können, alle Voraussetzungen in Bezug auf wirtschaftliche Hilfen vorfinden, sodass Auswirkungen, beispielsweise bei Einnahmeausfällen durch Kurzarbeit oder wenn Aufträge wegbrechen, abgefedert werden können.

Aber auch in meinem Zuständigkeitsbereich gibt es Entscheidungen, die dringend getroffen werden müssen. Dazu gehört beispielsweise die Aussetzung von Insolvenzanträgen, damit Unternehmen jetzt nicht in die Insolvenz getrieben werden, weil Aufträge wegbrechen. Auf der anderen Seite sollen sie aber auch keine Schwierigkeiten in Form des Vorwurfs einer Insolvenzverschleppung bekommen, wenn sie diese Anträge nicht stellen. Deswegen war es wichtig und richtig, diese Fristen jetzt auszusetzen bis in den September.

Wir haben aber auch entschieden, dass beispielsweise aufgrund der schwierigen Anwesenheitsmöglichkeit in vielen Gremien jetzt zum Beispiel eine digitale Hauptversammlung in Aktiengesellschaften möglich ist – auch das ist ein wichtiger Punkt –, und natürlich auch, dass die Hauptverhandlung im Strafprozess länger als bisher möglich unterbrochen werden kann, damit eben wichtige Prozesse, die auch viel an Vorbereitung schon mit sich gebracht haben, nicht noch einmal von vorne aufgerollt werden müssen; deswegen haben wir die Frist auf drei Monate und zehn Tage ausgedehnt.

Das sind alles wichtige Entscheidungen. Aber ich möchte nun auf den Kernpunkt meines Gesetzes, das ich vorgelegt habe, kommen, und der bezieht sich auf das Mietrecht. Ganz viele Menschen in diesem Land müssen momentan mit Einnahmeausfällen umgehen, beispielsweise weil sie von Kurzarbeit betroffen sind, das heißt, sie bekommen nur noch 60 Prozent ihres Einkommens. Oder ihnen brechen die Aufträge weg, weil sie den Betrieb ihres Restaurants nicht mehr aufrechterhalten können oder weil niemand mehr etwas in Auftrag gibt. Das ist eine große Sorge. Deswegen ist es richtig, dass wir heute viele Hilfen aufgelegt haben. Dazu gehört, dass der Bezug von Grundsicherung vereinfacht wird. Dazu gehört aber auch, dass es direkte Hilfen gibt. Dazu gehört ebenfalls, dass der Kinderzuschlag einfacher gewährt werden kann.

Aber alles das braucht eine gewisse Zeit, bis es eben entschieden und dann das Geld auch bei den Bürgerinnen und Bürgern ist. Bis es so weit ist, haben viele Menschen Angst davor, dass sie aufgrund von weniger Einnahmen ihre Miete nicht mehr bezahlen können, ihnen dann womöglich gekündigt wird und sie auf die Straße gesetzt werden – und das in der heutigen Zeit, wo alles unsicher ist, wo alles im Fluss ist, wo große Ängste zusammenkommen. Deswegen war es mir wichtig, dass wir aufzeigen, dass wir die Kündigungsmöglichkeit wegen Zahlungsverzug in der jetzigen Zeit aussetzen, und zwar bis zum 30. Juni dieses Jahres, damit klar ist: Diese Sorge muss nicht noch zu den vielen anderen Sorgen in der jetzigen Zeit hinzukommen. Denn das Zuhause, die Wohnung ist doch momentan der Rückzugsort, an dem die meisten sich aufhalten, ja aufhalten müssen. Und damit dieser sicher ist, war das, glaube ich, eine sehr wichtige Entscheidung.

Es geht aber auch um viele Kleinstgewerbetreibende – denn die sind auch erfasst, weil sie jetzt keine Aufträge bekommen und die Einnahmen wegbrechen –; dass auch sie keine Angst haben müssen, dass ihnen gekündigt werden kann. Es geht, wie gesagt, darum, dass das Kündigungsrecht für drei Monate ausgesetzt ist. Auch das gibt Sicherheit.

Jetzt bekomme ich natürlich in dem Zusammenhang viele Anschreiben, was denn mit den Vermietern ist – die haben doch auch Schwierigkeiten. Ja, und aus dem Grund haben wir in diesem Gesetz auch das berücksichtigt. Nämlich immer wenn Vermieter diese Objekte darlehensfinanziert haben, dann muss im Falle von coronabedingten Ausfällen selbstverständlich auch die Möglichkeit gegeben sein, dass diese Darlehen ausgesetzt werden können. Das ist die andere Seite der Medaille und deswegen ist es ein gerechter Ausgleich, den wir mit diesem Gesetz heute hier beschließen.

Als Letztes darf ich noch darauf hinweisen, dass wir ein Moratorium für Dauerschuldverhältnisse heute beschließen – furchtbares Wort, aber eine ganz wichtige Sache. Es geht nämlich darum, dass den Schuldnern durch Zahlungsverzug, also wenn sie Zahlungen jetzt nicht mehr leisten können, nicht der Strom abgestellt wird oder das Wasser oder das Gas. Man will sich gar nicht vorstellen, was das für eine Konsequenz hätte! Ich bin den Versorgungsunternehmen dankbar, dass sie erklärt haben, sie werden es dazu sowieso nicht kommen lassen; das ist gut. Aber durch dieses Gesetz haben die Schuldner dann eben auch die entsprechende Rechtssicherheit und das ist wichtig gerade in so einer Zeit der Unsicherheit.

Ich möchte nur noch ganz kurz allen danken, die diesem Gesetzentwurf im Ausschuss einstimmig zugestimmt haben. Das zeigt, dass es einen breiten Konsens gibt, die Sorgen und Nöte der Menschen in diesem Land in dieser schwierigen Situation ernst zu nehmen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch noch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses einen Dank aussprechen; denn da wurde unter Hochdruck echt Enormes geleistet. Vielen Dank!

Eine Antwort auf „Lambrecht zu Folgen der Covid-19-Pandemie“

  1. Was die Frau tatsächlich meint, ist dass wir jetzt akutes Staatsversagen erleben, das mit ad-hoc-Maßnahmen der Exekutiven versteckt wird und vor allem, dass wir Parlamente erleben, die sich in die Büsche machen und die Exekutive gewähren lassen und Notgesetzgebung betreiben… Weimarer Verhältnisse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert