Der Chef der Asiatischen Entwicklungsbank ADB, Takehiko Nakao, warnt vor einer Eskalation des Handelsstreits zwischen China und den USA. „Wir gehen davon aus, dass Chinas Wachstum dadurch um 1,3 Prozentpunkte schwächer ausfallen wird, das der USA um 0,3 Prozentpunkte“, sagte Nakao dem Handelsblatt. Die negativen Auswirkungen könnten sogar noch stärker werden, wenn das Vertrauen von Konsumenten und Investoren sich weiter verschlechtere. Auch wenn einige Staaten in Asien von Produktionsverlagerungen aus China heraus profitierten, seien die Risiken für sie hoch: „Wichtiger als der konjunkturelle Effekt ist die Sorge, dass sich die globalen Lieferketten aufspalten in ein Netzwerk Chinas und eines der USA. Länder wie Thailand, die Philippinen oder Singapur wollen aber eine Balance, keine einseitige Abhängigkeit.“
Für die weitere Entwicklung Chinas sieht Nakao den Aufbau eines besseren Sozialsystems als nötig an. „Die Ungleichheit bei Besitz und Einkommen ist sehr hoch“, sagte er. Es fehle im Land an Institutionen, die wie in liberalen Marktwirtschaften Ungleichheit entgegenwirken. „Denn in einem sozialistischen Staat sollte die Gleichheit hoch sein. Ist sie aber in der Realität nicht.“ Nakao empfiehlt ein „ausreichendes Sozialsystem, etwa bei Renten und Gesundheit“, eine Erbschaftsteuer und eine Immobiliensteuer. Die Einkommensteuer sollte zudem umfassender und progressiver gestaffelt sein. China sei in seiner bisherigen Wirtschaftsentwicklung ein gutes Modell für andere Staaten, denn das Land habe die Armut sehr erfolgreich reduziert. Aber: „Für die Zukunft ist nicht notwendigerweise die gleiche Politik wie bisher die beste.“
Nakao, der die Bank seit 2013 leitet und sein Amt im Januar niederlegen will, forderte China auch auf, bei der Vergabe von Krediten an andere Länder im Rahmen der Seidenstraßeninit iative stärker auf die Schuldentragfähigkeit der Länder zu achten. Die von China ins Leben gerufene neue Förderbank, die Asiatische Infrastrukturinvestment Bank (AIIB) sieht Nakao nicht als Konkurrenten. „Unsere Ansätze sind unterschiedlich – und dadurch ergänzen sich die beiden Banken eher gut“, sagte der Finanzexperte. Fünf Projekte haben beide Banken bereits co-finanziert, drei weitere sind beschlossen. Deutschland ist Anteilseigner der AIIB geworden, die USA und Japan haben sich dagegen entschieden. Daran wird sich in den Augen Nakaos auch nichts ändern. Der Einstieg wäre für den Steuerzahler teuer. „Die USA und Japan sagen sich, das ist eine gute chinesische Idee, aber wir wollen unser Geld nicht dafür ausgeben.“